Der Musiker als Denker, der Philosoph als Komponist. So könnte man den New Yorker Gitarristen, Saxo-
fonisten und Elektroniker Elliott Sharp vielleicht am besten beschreiben. Westwerk freut sich, seit nunmehr
über 30 Jahren eine der wichtigsten und innovativsten künstlerischen Stimmen der aktuellen Musikszene zu präsentieren. Wobei Sharp diese herausragende Position seit den 80er Jahren kontinuierlich innehält: als Grenz-
gänger, der zwischen festen Terrains einen Austausch ermöglicht, Ideen aus der Vorstellungswelt eines Genres
in eine andere überführt und verwandelt – mithin als
eine Praxis, ästhetische Mehrsprachigkeit jenseits von theoretisch abgesicherter Kompositionsidee und virtuos freier Improvisationen zu realisieren.

Mathematisch durchgestaltete Kompositionen für Orchester und Streichquartett finden sich in Elliott Sharps Œuvre ebenso selbstverständlich wie Neuerfindungen
und Transformationen alter Blues-Klassiker. Mit handels-
üblichen Begrifflichkeiten des Musikbetriebs ist er also nicht einzuhegen. Vielmehr kristallisieren sich in seinem
so vielgestaltigen wie komplexen Schaffen die inneren Widersprüche der Moderne heraus, werden die Dekon-
struktion bekannter Spieltraditionen aus Vergangenheit und Gegenwart – sowie Rekurse auf Wissenschafts-
theorien – spielerisch überformt und gestaltend ausgelebt.

Ob ausgefeilte Komposition oder freie Improvisation: Elliott Sharps Musik ist immer auch eine Reflexion über
die Macht und Magie des Klangs: an diesem Abend in
Wort und Ton – als Verbindung von Lesung und Musik. Alternierend wird er Passagen aus seinem neuesten Buch »Feedback: Translations from the IrRational« lesen, mit elektronischer Kulisse unterlegt, und elektroakustische Musik am 8-saitigen Gitarrenbass spielen.

Auch dies wieder ein neuer Aspekt im unermüdlichen
und immer wieder überraschenden Schaffen eines Aus-
nahmekünstlers.

(Dank an Harry Lachner)

Näheres zu Elliott Sharps musikalischem Umfeld:

Seit über 30 Jahren ist Elliott Sharp eine zentrale Figur in der Avantgarde- und Experimentalmusikszene New Yorks und hat über 85 Alben veröffentlicht, die von Orchester-
musik über Blues, Jazz, Noise, No Wave Rock bis hin zu Techno reichen. Er leitet die Projekte Carbon und Orchestra Carbon, Tectonics und Terraplane, und hat Pionierarbeit bei der Anwendung von fraktaler Geometrie, Chaostheorie und genetischen Metaphern auf die musikalische Komposition und Interaktion geleistet.

Elliott könnte man auch als »King of Networking« bezeichnen. Zu seinen mannigfaltigen Kooperations-
partnern zählen die Radio-Sinfonie Frankfurt, die Popsängerin Debbie Harry, das Ensemble Modern, der Qawwali-Sänger Nusrat Fateh Ali Khan, das Kronos String Quartet, das Ensemble Resonanz, die Cello-Innovatorin Frances Marie Uitti, die Blues-Legenden Hubert Sumlin und Pops Staples, die Pipa-Virtuosin Min-Xiao Feng, die Jazz-Größen Jack deJohnette, Oliver Lake und Sonny Sharrock, die Multimedia-Künstler Christian Marclay und Pierre Huyghe sowie Bachir Attar, Leiter der Master Musicians Of Jajouka.

Außerdem hat Elliott Filmmusik für Spielfilme und Dokumentarfilme komponiert, das Sounddesign für Werbeblöcke auf den Sendern Sundance Channel, MTV und Bravo gestaltet und zahlreiche Klanginstallationen in Kunstgalerien und Museen präsentiert. Er ist Gegen-
stand des neuen Dokumen-tarfilms »Doing The Don’t« des Filmemachers Bert Shapiro.

Und er ist hier in einem Interview in der Sendung »All things considered« im US-amerikanischen Radiosender NPR zu hören …